Litauens Geheimdienstchef Darius Jauniškis sagte jedoch, die Möglichkeit eines Terroranschlags sei nicht auszuschließen. Zudem verstärken ein Vorfall im Leipziger DHL-Luftfrachtzentrum aus dem Sommer sowie eine auffällige Häufung von Sabotageakten diesen Verdacht.
Für den Frachtverkehr in Deutschland gelten ebenso wie für Passagierflüge Sicherheitsvorkehrungen, die seit der Jahrtausendwende stetig verschärft worden sind. Während alle Reisenden an Flughäfen Kontrollbereiche durchlaufen müssen, wurde im Cargo-Bereich auch mit Blick auf große Frachtmengen das System der „sicheren Lieferkette“ entwickelt.
Verschiedene Kontrollprozeduren
Nach Erläuterungen des Flughafenverbands ADV sind „sichere Versender“ und „reglementierte Beauftragte“ Teil dieser Kette. Dabei handelt es sich um Versender oder Transporteure, die vom Luftfahrt-Bundesamt geprüft und zugelassen werden, um dann Kontrollen selbst zu übernehmen und zu bestätigen, dass ihre Sendungen sicher sind.
Die Sendungen müssen dann am Flughafen nicht abermals kontrolliert werden. Das ist nur für Waren nötig, die außerhalb der „sicheren Lieferkette“ angeliefert werden. Die rasche Warenabfertigung vor Ort ist für die Versender von großer Bedeutung.
Auch der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) verwies auf die Bestimmungen der „sicheren Lieferkette“. So sei das „Bewusstsein für den Schutz der Lieferketten gegen Terror, Raub und Cyberangriffe im Logistiksektor hoch und ständig wachsend“, sagte DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster der F.A.Z. auf Anfrage.
Soweit die Frachtsendung von einem bekannten Versender stamme, im Verlauf der Zwischentransporte durchgängig gesichert sei und kein unbefugter Zugriff festgestellt werde, handele es sich um sichere Fracht. Dann seien physische Kontrollen möglich, aber nicht zwingend. „Andernfalls handelt es sich um ungesicherte Fracht, die weitere Kontrollen erfordert.“
Luftfracht grundsätzlich „extrem gut abgesichert“
Logistikunternehmen wie DHL, UPS und weitere seien auch selbst reglementierte Beauftragte und kontrollierten die Paketsendungen systematisch selbst, da diese Fracht in der Regel nicht von bekannten Versendern stamme, sondern zu einem großen Teil von Privatversendern, so der Verbandschef. Auf Fragen, welche Kontrollaufgaben DHL vor dem Flug am Montagmorgen erledigt habe, wollte sich der Konzern nicht äußern.
Jonas Brands, der an der Technischen Universität Berlin zu Sicherheit in der Logistik forscht, hält die Luftfracht grundsätzlich für „extrem gut abgesichert“. Allerspätestens nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 sei das Thema Sicherheit allgegenwärtig, zahlreiche EU-Vorschriften stellten das sicher. „Da gelten letztlich dieselben strengen Vorschriften wie im Personenverkehr.“
Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine habe es jedoch keine weitere Verschärfung der Vorschriften für die Luftfracht gegeben. Was die Sicherheit in der Logistik grundsätzlich angeht, beobachtet Brands dennoch Defizite. Einbrüche in Lagerhallen oder Lastwagen seien immer wieder ein Thema in der Branche. Die Lagerhallen seien nachts oft schwer zu überblicken und zu sichern. Dahinter steckten aber Diebe, keine Terroristen. Und die Hallen seien, was die Standards angeht, nicht mit den Flughäfen zu vergleichen.
Vorfälle im Sommer führen zu Spekulationen
Der Absturz in Litauen weckt Erinnerungen an Vorkommnisse im Sommer. Im Leipziger DHL-Luftfrachtzentrum soll ein aus dem Baltikum verschicktes Paket Feuer gefangen haben. Auch in Großbritannien brannte ein Paket. Anfang dieses Monates meldeten litauische Behörden Festnahmen und machten Russland für die Vorfälle verantwortlich.
DHL hatte im Sommer mitgeteilt, die Sparte DHL Express habe in allen europäischen Ländern Maßnahmen ergriffen, um ihr Netzwerk, ihre Mitarbeiter und Einrichtungen sowie die Sendungen der Kunden zu schützen. Am Montag äußerte sich DHL auf Anfrage nicht weiter zu den generellen Schutzmaßnahmen vor Sabotage in der Luftfracht.
Das abgestürzte Flugzeug war für die spanische Fluggesellschaft Swift Air im Auftrag von DHL unterwegs. DHL erklärte, dass ein Swift-Air-Flugzeug gegen 4.30 Uhr einen Kilometer vor dem Flughafen von Vilnius eine Notlandung durchgeführt habe. Bei dem Flieger handelt es sich um einen zum Frachter umgebauten Passagierjet der Boeing-Baureihe 737-400, die seit dem Jahr 2000 nicht mehr gebaut wird. Das abgestürzte Flugzeug soll 31 Jahre alt gewesen sein. Ältere Flugzeuge gelten bei sorgfältiger Wartung dennoch als sicher. Aber auch ein technischer Defekt wird in den Ermittlungen nicht ausgeschlossen, ebenso ist ein Pilotenfehler möglich. Untersuchungen der Flugschreiber sollen Hinweise zur Ursache liefern. Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung unterstützt die Untersuchungen.
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